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Mysterien der Oberlausitz
Protokoll zur Begehung am 7. Mai 2007

GeologeTeilnehmer:
Ralf Herold, Wehrsdorf
Dr. Hilmar Hensel, Dresden
Juliane Hennig, Schöpstal
Dr. Olaf Tietz, Staatliches Museum für Naturkunde Görlitz

Exkursionspunkte:

  1. 1. Objekt: "Götterhand"
  2. 2. Objekt: "Heidentempel"
  3. 3. Objekt: "Totenkopfaltar"
  4. 4. Objekt: "Himmelsaugen" und "Sternenschiffe"
  5. 5. Objekt: "Thors Hammer"
  6. 6. Objekt: "Thors Amboss"

Fachliche Anmerkungen:

1. Einleitung

Die aufgesuchten Objekte stellen eine Auswahl der von R. Herold und Dr. H. Hensel als Mysterien der Oberlausitz ausgewiesenen Lokalitäten im Oberlausitzer Bergland dar. Bei allen Objekten handelt es sich um Felsklippen oder Blockmeere aus Granodiorit cadomischen Alters (540 Millionen Jahre alt). Seit einigen Jahren werden sie aufgrund ihrer Mineralogie, ihres Gefüges und der Kontaktgrenzen weiter in Typen untergliedert (Krentz et al. 2000, Schust & Wasternack 2002). Die aufgesuchten Felsgebilde gehören zu den Typen Herrnhut (Lokalität 3, 4 und 5), Typ Löbau (6), Typ Rožany (2) und Typ Pulsnitz (1). Die strukturgeologische Untersuchungen der Granodiorite erfolgte u.a. durch Möbus (z.B. 1956). Seine Untersuchungen zeigen, das der Granodiorit, wie jedes granitische Gestein ein rechtwinkliges (orthogonales) Kluftsystem aufweißt, welches im Oberlausitzer Bergland etwa ein E-W und N-S Orientierung aufweist. Diese im Zusammenhang mit der Erstarrung der granitischen Schmelze primärmagmatisch angelegte Klüftung ist die entscheidende Vorraussetzung für die Nutzung des Granits als Naturbaustein, da er sich dadurch relativ einfach in rechtwinklige Steine spalten lässt.

Leitmerkmal für die Mysterien-Deutung bei den Felsgruppen ist das Auftreten einer N-S-Achse und einer damit verknüpften 110°-Achse, die den Sonnenstand (Aufgang) für den April und damit für den Zeitpunkt der Aussaat bzw. des Frühjahresbeginns dokumentiert. Letztere Achse steigt stets um 11° Richtung in Richtung Sonne (ESE) an. Darüber hinaus soll es weitere astronomische Bezüge, so zum Mond oder den Sonnenwenden geben.

Die genannten Beobachtungslinien werden an markanten Felsgebilden, Felsdurchblicken (Höhlen, Spalten, Fenster) oder einfachen Vertiefungen in der Felsoberfläche festgemacht.

Der Zeitpunkt der Anlage dieser kalendarischen Beobachtungs- und/oder Kultstätten muss mit der Sesshaftigkeit des Menschen zusammenfallen, das wäre frühestens die Jungsteinzeit (ab ca. 4.800 Jahre vor heute) oder die Bronze-Zeit (ca. 3800 bis 2750 Jahre vor heute). Zu dieser Zeit war unser Raum dicht bewaldet, eine Besiedlung (Rodung) erfolgte vermutlich nur in den Tal- und den ebenen Berglagen. Das Klima war zu dieser Zeit kontinentaler (trockener mit größeren Temperaturschwankungen) als heute (Subboreal-Stufe des Holozäns, Nacheiszeit).

2. Kommentierung aus geologischer Sicht:

Bei den Mysterien-Objekten handelt es sich um granitische Gipfelburgen (1-3), die mehr oder weniger stark zusammengebrochen sind (2, ?6) und um granitische Blockmeere, welche die Felsklippen umgeben und hangabwärts ziehen. Teilweise fehlen auch die Klippen völlig und es sind auf den Anhöhen nur noch die Blockmeere vorhanden (4, 5, ?6). Wie entstehen solche Felsgebilde?

Im Tertiär (Braunkohlenzeit) vor etwa 60 bis 20 Millionen Jahren unterlag der Granodiorit intensiven chemischen Verwitterungsprozessen (subtropisches Klima). Aus Silikatmineralen entstanden Tonminerale, so aus den Feldspäten Kaolin oder aus dem Glimmer Chlorit. Es kam zur Herausbildung einer chemischen Verwitterungsrinde bis in eine Tiefe von 60 m. Dabei drang die Verwitterung unterschiedlich tief ein, gesteuert durch die unterschiedliche Dichte der Klüftung im Granodiorit. Besonders die rechtwinklig aufeinander stehenden primärmagmatischen Klüfte lenkten die Verwitterung und führten zur Rundung der Kluftkörper. Während der Eiszeit (Pleistozän) wurde die Oberlausitz gehoben. Aufgrund der fehlenden Vegetationsdecke und z.T. erhöhter Niederschläge am Beginn bzw. Ende der Kaltzeiten kam es zum Abtrag der Verwitterungsdecke. In Bereichen von Hochlagen (weniger tief verwittertes Gestein) wurde der noch feste Granodiorit freigelegt. Es kommt zur Herausbildung der für Granit typischen Formen der Wollsackverwitterung (Gipfelklippen). Zahlreiche bei der Verwitterung isolierte und dadurch deutlich gerundete Granitschollen aus höheren Verwitterungsniveaus fallen aus dem ursprünglichen Verband heraus und bilden die Blockmeere. So kommen auch lose Blöcke auf den Gipfelburgen zur Ablagerung oder werden nachträglich verstellt, da die Pass-Verbindung zum tiefer liegenden Block durch die an den Klüften ansetzende Verwitterung verlorengegangen ist. Locker aufliegende Granitblöcke oder abgerutschte Granitplatten an den Felsburgen sind daher keine Seltenheit und durch natürliche Entstehung erklärbar.

Die 110° Peilung (3 und eventuell 6) ist eine in der Oberlausitzer Granitplatte von Natur aus angelegte Kluftrichtung (s.o.), die daher in der Lausitz zufällig mit dem Stand der Frühjahressonne zusammenfällt. Eine Anlage dieser Klüfte durch den Menschen muss ausgeschlossen werden, was aber eine gezielte Ausnutzung dieser natürlichen Gegebenheiten für astronomische Peilungen nicht ausschließt.

Schwierig für den Nachweis und die Rekonstruktion anthropogener Beobachtungs- bzw. Kultanlagen ist die Überprägung der Klippenareale durch mittelalterliche und frühneuzeitliche Steinabbaue, die ab ca. 1200 für den Untersuchungsraum angenommen werden können. So scheinen an der Lokalität 1 und 3 die, z.T. ungewöhnlich glatten Felswände an den Klippen und die zahlreichen, überwiegend kantigen Blöcke im Umfeld darauf hinzuweisen. Typische Bearbeitungsspuren (Keillöcher) ließen sich allerdings hier nicht nachweisen. Eventuell sind diese aus der frühen Gesteingewinnungsphase (Holzkeile?) auch nicht erhalten. Falls hier solche Eingriffe vorliegen, wurden ältere Spuren verwischt bzw. die Felshöhlen können auch zufällig durch diese Aktivitäten erst entstanden sein (z.B. Höhle der abgerutschten Platten bei Lokalität 1). Mit Sicherheit erfolgte eine Steingewinnung an der Lokalität 4 und 5, da hier zahlreiche Granodiorit-Blöcke mit Keillöchern und z.T. auch Bohrlöchern zu sehen sind. An der Lokalität 2 könnte es sich beim zurückspringenden Abschnitt in der Nordflanke der Klippe auch um einen alten Steinabbau handeln. Nachträgliche Felsstürze haben diesen Bereich allerdings verschüttet.

Die Vertiefungen auf den Felsoberflächen, die als Orientierungspunkte für die anthropogene Anlage der Mysterien gedeutet werden, können auch natürlich durch Verwitterungsprozesse entstanden sein. Eine ausschließlich anthropogene Erklärung für derartige Formen ist nicht nötig. Am besten ist das dort erkennbar, wo Einschlüsse in dem Granit, die hier relativ häufig auftreten, herauswittern und noch Reste der Einschlüsse vorhanden sind.

Generell scheint es mir sehr unwahrscheinlich, dass der Mensch hier z.T. mit sehr viel Aufwand Beobachtungs- und/oder Kultstätten eingerichtet haben soll und anderseits die Anlage oder Teile davon einen sehr unästhetischen und planlosen Eindruck vermitteln. So sollen bis ca. 50 Tonnen schwere Gesteine bewegt (Lokalität 2, 6) oder etwa 10 m lange megalithische Gesteinsskulpturen (Sternenschiffe der Lokalität 4) geschaffen worden sein und anderseits wurden kleinere unförmig-kantige Platten schief abgestellt oder unregelmäßig-rauhe Vertiefungen angelegt (1). Zu viele Elemente scheinen eher auf eine zufällige (natürliche oder unbeabsichtigte) Entstehung, als auf eine planvollen Anlage, hinzuweisen.

3. Zusammenfassung

Die Lage, Form und Orientierung der Felsklippen oder -Blöcke für die astronomisch-kalendarische Beobachtung lassen sich alle auch durch eine natürliche Entstehung erklären. So fällt die 110° Frühlingsachse und die N-S-Achse mit den natürlichen Kluftrichtungen der Granodiorite zusammen und die durch Vertiefungen gedeuteten Markierungspunkte sind so häufig, dass eine passende Markierung fast immer zu finden wäre. Es gibt an keiner Stelle einen Anhaltspunkt, dass eine ausschließlich anthropogene Erklärung die Lage, Form oder Richtung der Felsmarkierungen erklären muss. Aufgrund der zahlreichen Granodioritblöcke im Umfeld der Klippen gibt es eine Unzahl an Kombinationsmöglichkeiten. Ob der frühe Mensch sich aus diesen natürlich vorgegeben Mustern gezielte Markierungspunkte für Kult- oder Beobachtungszwecke herausgesucht hat oder gar an der einen oder anderen Stelle etwas nachgebessert hat, läst sich schwer beweisen und bleibt dem Glauben des Betrachters bzw. Bearbeiters überlassen. Eine objektive Beurteilung der Mysterien aus geologischer Sicht ist aufgrund der Zweideutigkeit nicht möglich.

4. Literatur

Krentz, O., Walter, H., Brause, H., Hoth, K., Kozdroj, W., Cymerman, Z., Opletal, M. & Mrazova, S. (2000): Geologische Karte Lausitz-Jizera-Karkonosze 1 : 100 000.- Freiberg-Warszawa-Praha (3 Teilblätter)

Möbus, G. (1956): Petrographisch-Tektonische Untersuchungen im Lausitzer Granitmassiv.- Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Klasse für Chemie, Geologie und Biologie 8, S. 1-40, Berlin

Schust, F. & Wasternack, J. (2002): Granitoid-Typen in postkinematischen Granitoidplutonen: Abbilder von autonomen Intrusionsschüben - Beispiele vom Nordrand des Böhmischen Massivs (Erzgebirge - Harz - Flechtinger Scholle - Lausitz).- Zeitschrift für geologische Wissenschaften 30/1-2, S. 77-117, Berlin

Görlitz, den 9. Mai 2007Geologie

Dr. Olaf Tietz
Konservator für Geologie
Staatliches Museum für Naturkunde Görlitz

 

 

 

 

Granitklippe „Kuckuckstein“ in den Königshainer Bergen
Protokoll zur Begehung am 24. Januar 2008

Teilnehmer:
Ralf Herold, Wehrsdorf
Dr. Olaf Tietz, Staatliches Museum für Naturkunde Görlitz

Die Granitklippe „Kuckuckstein“ befindet sich im zentralen Teil der Königshainer Berge am Nordabhang des Hochsteinmassivs in 340 m Höhe ü.d.M. (Gauss-Krüger Koordinaten: RW 5488585, HW 5673707). Die Klippen bestehen aus 6 bis 8, fugenlos aufeinanderlagernden Granitkörpern, die die typischen rundlichen Wollsackverwitterungsformen aufweisen. Die Klippe ist mit 3 m Höhe und ca. 3 x 1,5 m Erstreckung gegenüber den anderen Felsklippen in den Königshainer Bergen relativ klein. Bei dem Granit handelt es sich um die gleichkörnige Varietät des Königshainer Granits, der 315 Millionen Jahre alt ist (KOZDROJ et al. 2001). Neben der isolierten Erscheinung ist am auffälligsten, dass die östliche und weniger deutlich die westliche Hälfte der oberen Klippe über dem Boden balkonartig übersteht. Hier fehlen an der Basis ein bis zwei „Granitlagersteine“. Weiterhin ist die oberste Granitplatte um ca. 20 cm nach Osten verstellt bzw. abgerutscht, so dass sich unter ihr ein schmaler N-S Durchblick geöffnet hat. Unter der Platte ist ein ca. 20 cm großer, eckiger Granitstein eingeklemmt. Dieser Stein muss durch Menschenhand in diese Position gebracht worden sein, ob für eine gezielte Verschiebung bzw. Sicherung der Platte oder beim Versuch die Platte als Werkstein zu gewinnen (s.u.) ist unklar.

Bei näherer Betrachtung fällt weiterhin auf, dass die Klippe gegenüber dem Granitunterlager im Bodenbereich („Sockel“) um ca. 18 cm nach Norden verschoben ist. Das deutet der Versatz einiger Kluftflächen zwischen dem Sockel, der an der Nord- und Ostseite bis 0,5 m über die Geländeoberkante herausragt, und der aufsitzenden Klippe an. Kompassmessungen an vermutlich ursprünglich zusammengehörigen Flächen ergaben für die Raumlage der Kluftflächen vergleichbare, aber nicht identische Werte. Nach den neun Messwerten (Tabelle 1) scheint die Klippe (von oben gesehen) zwischen 2 bis 8 Grad im Uhrzeigersinn verdreht zu sein. Vermutlich fand auch eine Kippung der Klippe in E-W-Richtung statt. Letztere Wertepaare sind allerdings widersprüchlich: nach den Messungen auf der Ostseite erfolgte eine Kippung um 4 Grad nach Westen und auf der Westseite um 25 oder 29 Grad nach Osten. Dieses Beispiel zeigt, dass der Vergleich der Kluftflächenmessungen nicht überbewertet werden darf! Fehlerquellen liegen in der Messung selbst, die auf den unebenen und rauen Kluftflächen eine Schwankung von einigen Grad aufweisen, aber auch darin, dass Kluftflächen über größere Entfernung ihre Raumlage ändern können. Vermutlich ist das auf der Westseite gemessenen Wertepaar nicht zum Vergleich geeignet, da eine der Flächen ursprünglich nicht, wie postuliert, in der Flucht der anderen lag. Von einer Kippung in E-W-Richtung kann aber ausgegangen werden, vermutlich aber nur um 4 Grad nach Westen.

Klippenseite Oben (Klippe)

Unten (Sockel)

horizontale Diff. (Verdrehung)

Vertikale Diff.
(Kippung)

Norden (N)

18°/89°
202°/82°

     
Westen (W)

120°/90° (=300°/90°)
120°/84° (=300°/96°)

308°/75° +8° (rechtsseitig) 25° nach E
29° nach E
Osten (E) 115°/86° 120°/90° +5°(rechtsseitig) 4° nach W
Süden (S) 20°/90° 18°/90° +2°(rechtsseitig)  

Tabelle 1: Lagemessungen zusammengehöriger Kluftflächen an der Kuckuckstein-Klippe im Vergleich zwischen „Sockel“ (unten) und der dazu versetzten Klippe (oben). Die Kompass-Messungen erfolgten nach der Fall-Richtmethode, d.h. der erste Wert gibt die Himmelsrichtung der Fallrichtung an (360° Vollkreis, 0° = N ) und der zweite Wert den Fallwinkel aus der Horizontalen nach unten (0° = horizontal, 90° = senkrecht). Die Differenz der zusammengehörigen Richtungswerte zeigt eine Verdrehung der Klippe im Uhrzeigersinn (vorletzte Spalte) und die Differenz der Fallwerte eine Kippung (letzte Spalte).

Aus meiner Sicht gibt es für die beschriebene Verstellung der Klippe gegenüber dem Untergrund mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Als natürliche Prozesse kommen dafür Eisvorstöße und Hangschuttkriechen in Frage. Das Gebiet der Kuckuckstein-Klippe wurde während des Eiszeitalters (Pleistozän) dreimal von skandinavischen Inlandeisgletschern erreicht und überfahren (STEDING 1998). Allerdings hat nur der erste Vorstoß vor 400 000 Jahren (Elster-1-Kaltzeit) im Untersuchungsgebiet eine genügend große Eismächtigkeit von etwa 200 bis 300 m, um die nötigen Schubkräfte entfalten zu können. Die Klippe wurde aber gegen die Vorstoßrichtung des Eispanzers (also nach Norden) versetzt, so dass der direkte Vorstoß nicht als Erklärung herangezogen werden kann. Es ist aber denkbar, dass nach dem Abtauen des Gletschers ein Toteisblock am Nordhang (Schattenseite!) des 50 m höheren Hochsteins liegen blieb und nachträglich hangabwärts nach Norden abrutschte und dabei die Granitklippe des relativ kleinen Kuckucksteines verstellte. Ebenso könnte durch Periglazialprozesse, insbesondere zur Weichselkaltzeit vor 80 000 bis 10 000 Jahren, eine mächtige Hangschuttdecke den Hang nach Norden abwärts geflossen sein und diese Verstellung bewirkt haben. Allerdings muss diese blockschuttreiche Bodendecke nachträglich in der Nacheiszeit (Holozän) weitestgehend abgetragen worden sein, da sich die Klippe heute frei sichtbar über der Erdoberfläche erhebt.

Andererseits sind auch menschliche Eingriffe an der Klippe denkbar, die zu ihrer Verstellung geführt haben. So im Zuge der Gewinnung granitischer Werksteine. Es ist möglich, dass die Klippe ursprünglich viel größer war und randliche Partien bzw. benachbarte Granittürme abgebrochen wurden und es dabei zu Verstellungen der Restklippe kam. Das würde auch die balkonartigen Überstände der Klippe gut erklären. Dafür gibt es keine unmittelbaren Hinweise, außer dass nördlich (unterhalb) der Klippe viele scharfkantige Blöcke auftreten und sich hier in ca. 50 m bis 100 m Entfernung eine auffällige Vertiefung im granitblockbedeckten Boden befindet. Derartige Vertiefungen sind oft Zeugen von Altbergbau, in dem Fall einer möglichen Granitgewinnung.

Die letzte Möglichkeit besteht in der gezielten Manipulierung der Klippe durch den frühen Menschen, um diese als Sonnenobservatorium einzurichten. Darauf soll nach Herrn Herold vor allem der N-S-Durchblick unter der obersten (?verkeilten) Granitplatte hindeuten. Der Durchblick lässt in der Zeit um die Wintersonnenwende das Sonnenlicht durch, so dass ein Strahl ca. 30 m nördlich der Klippe auf den Boden fällt. Das, wie auch die Annahme, dass die überstehende Klippe einem Adlerkopf darstellen soll, lässt sich nach geologischen Möglichkeiten nicht klären. Es müsste überprüft werden, ob die ca. 5° Drehung und die vermutliche 4° Kippung der Klippe einen entscheidenden Einfluss auf den Durchfall des Sonnenlichts hat und ob sich mit einfachen Mitteln die ca. 30 Tonnen schwere Klippe bewegen lässt.

Eine historische Kupfertafel von SCHACHMANN (1780) bildet die Klippe von der Nordseite ab. Trotz zeichnerischer Vereinfachung und Verfremdung sind einige Elemente des heutigen Erscheinungsbildes wieder erkennbar. So der balkonartige Überstand der Klippe an der Ost- und Westseite und der Durchblick unter der obersten Gesteinsplatte. Diese Formen müssen also vor 1780 entstanden sein. Allerdings ist der 18 cm Vorsprung im unteren Teil der Klippe gegenüber dem Sockel nicht dargestellt, stattdessen gibt es einen derartigen Überstand zwei Steinlagen höher, wo heute die Klippenseite ohne Versatz abschließt. Letztere Abweichungen bilden vermutlich eine künstlerische Abwandlung, um den sockel- bzw. denkmalartigen Charakter der Klippe zu betonen. Eine Datierung der Klippenverschiebung kann daher anhand der Kupfertafel nicht sicher vorgenommen werden.

Literatur 
KOZDROJ, W., KRENTZ, O. & M. OPLETAL (2001): Comments on the geological map
Lausitz-Jizera-Karkonosze 1 : 100 000.- Warszawa, 64 pp.
SCHACHMANN, v. C. A. G. (1780): Beobachtungen über das Gebiet bey Koenigshay
in der Oberlausitz.- Verlag Walther, Dresden, 74 S.
STEDING, D. (1998): Geologische Karte der eiszeitlich bedeckten Gebiete von Sachsen 1 : 50.000, Blatt Görlitz, Freiberg


Görlitz, den 27. Oktober 2008 mit einem Nachtrag vom 9. September
2011
Dr. Olaf Tietz
Konservator für Geologie
Staatliches Museum für Naturkunde Görlitz

Abb. 1
Granitklippe Kuckuckstein in den Königshainer Bergen. Blick auf die östliche Schmalseite der Klippe. Die Klippe ist über dem „Sockel“ (=Granitblock im Boden) um 18 cm nach rechts (Norden) entlang einer horizontalen Fuge (Lagerkluft) versetzt.
(Foto: O. Tietz)

Abb. 2
SE-Ecke der Klippe Kuckuckstein mit dem Versatz zwischen „Sockel“ (unmittelbar über Waldboden) und Klippe (oben). Der Versatz der Klippe nach rechts (Norden) beträgt 18 cm, was neben den Außenseiten auch eine Kluft im Granit belegt (Pfeile)
(Foto: O. Tietz)

 

Abb. 3
Nordseite der Granitklippe Kuckuckstein. Hier dokumentiert ein Felsüberhang den Versatz der Klippe nach Norden (Foto: O. Tietz)

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